Studie:

Zunahme des Luftverkehrs als Umweltgefahr

Die ständige Zunahme des Flugverkehrs ist einer britisch-schwedischen Studie zufolge eine der größten Gefahren für das globale Klima. Schon jetzt würden dadurch jährlich 300 Millionen Tonnen Treibhausgase erzeugt.
In den kommenden 20 Jahren sei ein jährliches Wachstum des Luftverkehrs von drei bis sieben Prozent zu erwarten. Gründe seien vor allem das Auftreten von Billigfliegern und die ständige Zunahme es Luftfrachtverkehrs.
Das geht aus der am Montag veröffentlichten Studie hervor, die John Whitelegg und Howard Cambridge von der britischen Universität York für das Stockholm Environment Institute (SEI)erstellt haben.
Die rund 40-seitige Studie von Whitelegg und Cambridge, veröffentlicht am 5.7.04, trägt den Titel "Aviation and Sustainability". Sie ist über die Homepage des Stockholm Environment Institute (SEI) einzusehen.

Verdreifachung der geflogenen Kilometer
Insgesamt sei in den zwei Jahrzehnten mit einer Verdreifachung der geflogenen Kilometer und einer Verdoppelung der Anzahl der Flugzeuge in der Luft zu rechnen.

Jährlich 300 Millionen Tonnen Treibhausgase
Schon jetzt erzeuge die Luftfahrt mit einem Verbrauch von 205 Millionen Tonnen Treibstoff (Kerosin) jährlich 300 Millionen Tonnen Treibhausgase. Die in oberen Luftschichten entlassenen Schadstoffe seien drei Mal so schädlich wie solche in unteren Schichten.

Daher müsse damit gerechnet werden, dass im Jahr 2050 rund 15 Prozent der Wirkung von Treibhausgasen durch den Luftverkehr verursacht werden. Nach derzeitigen Mengen und ohne die Berücksichtigung der erhöhten Schädlichkeit beträgt der Anteil ein bis zwei Prozent.
Vorschläge: Flugreisen verteuern, Nachtflugverbot ...
Die britischen Forscher machen sich unter anderem für die Verteuerung von Flugreisen durch die Einführung von Mehrwertsteuer auf Tickets stark. Folgekosten durch den Luftverkehr müssten internationalisiert werden.
Wegen der Lärmbelästigung als zweiter wichtigen Umweltbelastung müsse ein generelles Nachtflugverbot eingeführt werden. Die bisher nicht in den Bestimmungen des Kyoto- Protokolles enthaltenen Kohlendioxid-Emissionen aus der Luftfahrt müssten außerdem besser gemessen und überwacht werden.
Das sei die Voraussetzung für eine weitergehende Strategie mit dem Ziel, die Menge dieser Emissionen bis 2050 um 60 Prozent zu vermindern.

Globale Konzerne fordern andere Verkehrspolitik
Zwölf globale Energie- und Automobilkonzerne fordern eine radikale Umkehr in der Verkehrspolitik. Ohne Änderung wären angesichts der Zunahme des Verkehrs die "sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kosten inakzeptabel hoch".
So heißt es in einem am Montag in Brüssel vorgestellten Bericht mit dem Titel "Mobilität 2030". Als Maßnahmen werden die Entwicklung effizienterer Motoren und die Reduktion von Treibhausgas-Emissionen durch neue Treibstoffe genannt. Einer Beschränkung des Verkehrs erteilten die Manager dagegen eine Absage.

Toyota-Chef: "Düstere Zukunft"
An dem Bericht haben Vertreter der Autokonzerne Volkswagen, Renault, General Motors, Toyota, DaimlerChrysler, Ford, Honda und Nissan, der Ölkonzerne BP und Shell sowie des Reifenherstellers Michelin und des Leichtmetallproduzenten Norsk Hydro vier Jahre lang gefeilt.
"Wenn wir nichts tun, dann schaut die Zukunft sehr düster aus", warnte Toyota-Ehrenvorsitzender Shoichiro Toyoda bei der Vorstellung des Berichts.

Verdoppelung der Treibhausgase bis 2050
BP-Manager Charles Nicholson wies darauf hin, dass sich die Emission von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 mehr als verdoppeln werde, wenn man nicht gegensteuere. Dieser Zuwachs werde fast zur Gänze auf die Entwicklungsländer entfallen, wo derzeit zwei Drittel der Menschen keinen Zugang zu Individualverkehr haben.

Keine Lösung sei es, diesen Staaten die Mobilität von Personen und Gütern vorzuenthalten, weil diese die treibende Kraft für wirtschaftliche Entwicklung ist. "Mobilität ist ein essenzielles Lebensbedürfnis und nicht ein Luxusgut, das man sich nicht leisten kann", betonte Nicholson.
Kaum Alternativvorschläge
Konkrete Antworten, wie die erwartete massive Zunahme des Individualverkehrs in den Griff zu bekommen ist, blieben die Manager weitgehend schuldig. "Die Unternehmen müssen diesen Bericht, der viele kontroverse Fragen anspricht, erst einmal verdauen", sagte Nicholson.
Die Vertreter der Automobilkonzerne wiesen darauf hin, dass vor allem mit Blick auf die Entwicklungsländer eine Balance zwischen neuen Technologien und leistbaren Preisen gefunden werden müsse. Daher setze man weiterhin auf den konventionellen Verbrennungsmotor, in dem laut GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster "enorme Potenziale" stecken.
So sei etwa bisher Flüssiggas zu wenig Bedeutung geschenkt worden, obwohl es als Treibstoff halb so hohe Kosten wie Benzin verursache und auch bessere Emissionswerte habe.

Hybrid-Technologie
Toyota wies auf die Vorzüge der Hybrid-Technologie hin. "Man kann praktisch alles mit allem kombinieren, auch Verbrennungsmotoren mit Brennstoffzellen", unterstrich das Verwaltungsratsmitglied im japanischen Autokonzern. Damit ließen sich die Vorzüge der einzelnen Antriebsarten in verschiedenen Fahrsituationen besser nützen.

Langfristige Lösung: Wasserstoff
Die "langfristige Lösung" bleibe aber die Wasserstoffzelle, betonte Forster. "Dies ist eine enorme Aufgabe, die nur durch gemeinsame Anstrengungen von Unternehmen und Regierungen zu bewältigen ist", forderte er insbesondere mehr Investitionen in die Forschung.

"Ich bezweifle, ob die Bemühungen (der Regierungen in Europa) bisher stark genug sind." VW-Manager Reinhold Kopp forderte die EU-Regierungen zudem auf, die Verkehrssteuern zu harmonisieren und stärker auf Verbrauch beziehungsweise Nutzung zu beziehen.

Politik soll Prioritäten setzen
Auch die anderen Manager riefen die Politiker zur Hilfe auf, vor allem wenn es um Fragen wie die Stau- und Unfallvermeidung sowie Verringerung von Todesfällen im Verkehr gehe. "Unsere Fähigkeit, etwas zu ändern ist beschränkt", unterstrich Nicholson.
"Fortschritt ist möglich, aber es wird ihn nicht geben, solange die Regierungen diese Frage nicht zu ihrer Priorität erklären", betonte auch Norsk-Hydro-Manager Egil Myklebust.


Gutachten:

Kerosin-Besteuerung in der EU zulässig

Experten fordern Gleichbehandlung von Transportträgern
Würzburg (pte/15.04.2005/10:24) - Eine Besteuerung des auf innerstaatlichen Flügen verbrauchten Kerosins ist rechtlich zulässig. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten des Juristen Eckhard Pache von der Bayerischen Julius-Maximilians-Universität Würzburg (fremde Seite:) http://www.uni-wuerzburg.de , das im Auftrag des deutschen Umweltbundesamtes (fremde Seite:) http://www.umweltbundesamt.de nun veröffentlicht wurde. Kerosin ist nämlich bis dato in den meisten Staaten, so auch in Deutschland und Österreich, von der Mineralölsteuer befreit.

Seit einiger Zeit kritisieren Umweltpolitiker diese Tatsache, die sie es als Verstoß gegen die Gleichbehandlung der Verkehrsträger und als Privilegierung eines besonders klimaschädlichen Verkehrsmittels sehen. Im Gutachten kommt Pache nun zu dem Ergebnis, dass eine Besteuerung des auf innerstaatlichen Flügen verbrauchten Kerosins weder gegen völkerrechtliche Vereinbarungen noch gegen das europäische Recht verstoßen würde. Bisher wurde die Einführung einer solchen Besteuerung regelmäßig als unpraktikabel beurteilt.

Ein Argument war, dass die Fluggesellschaften das für innerstaatliche Flüge benötigte Kerosin einfach im Ausland an Bord nehmen und so die lokale Steuer umgehen würden. Dass sich dies in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Vorgaben des europäischen Rechts verhindern lässt, hat der Jurist in seinem Gutachten nachgewiesen. Der Rechtswissenschaftler schlägt vor, das in Deutschland getankte Kerosin direkt über den Preis zu besteuern. Zusätzlich müssten die Fluggesellschaften dazu verpflichtet werden, die im Ausland getankten, aber bei innerdeutschen Flügen verbrauchten Kerosinmengen zu melden.

Nach Angaben des deutschen Bundesumweltministeriums sollen nun auf Basis dieses Gutachtens Gespräche mit anderen EU-Staaten geführt werden, die einer solchen Kerosinbesteuerung gegenüber aufgeschlossen sind. Dazu gehören Frankreich, Großbritannien und Österreich. Ziel ist es nämlich durch eine parallele Besteuerung Wettbewerbsnachteile für Deutschland zu vermeiden. Vorgesehen ist ein Steuersatz von etwa 300 Euro je 1.000 Liter Kerosin. In der EU gibt es derzeit nur in den Niederlanden eine Kerosinsteuer.

Weitere Informationen: (fremde Seite:) http://www.umweltbundesamt.org/fpdf-l/2853.pdf (Ende)

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